Artikel aus FORUM 16, Dezember 2001, Seite 18 ff

Ein interessanter Bericht zeigt auf, welche Bausteine aus Psychologie und Philosophie unser Leben mit der Hörbehinderung erleichtern können.

Unsere Hörbehinderung: Wege zur Lebensmeisterung aus psychologischer und philosophischer Sicht

Ulrich Strobel, Fellbach

Vor einigen Jahren kam mir in einer Bibliothek per Zufall ein Buch mit dem Titel "Charakter und Schwerhörigkeit" in die Hände. Schon bald nach kurzem überfliegendem Lesen wurde mir bewusst, welch wertvollen geistigen Schatz ich da gefunden hatte. Nun, der Verfasser, Dr. Erich Krug, war Lehrer und stellvertretender Rektor der Schwerhörigenschule Hamburg, und er setzte sich mit aller Kraft für die Belange der Schwerhörigen ein, unter anderem eben auch mit einer Doktorarbeit, die dann später zu einem Buch mit dem obengenannten Thema umgearbeitet wurde.

Ich habe dieses Buch durchgelesen und kann sagen, dass darin die seelische Not der Hörbehinderten sehr ausführlich mit viel Einfühlungsvermögen beschrieben und erläutert wird, unterstützt mit Selbstaussagen der Betroffenen.

Angeregt und ermuntert durch dieses Buch möchte ich nun heute einmal aufzeigen, wie es für den Behinderten jedweder Art Wege und Möglichkeiten geben kann, sein Leben seelisch besser zu meistern mittels psychologischem und philosophischem Wissen, trotz der vielen Widrigkeiten, denen er sich ausgesetzt sieht. Zumindest könnten sie vielleicht ein Ansporn sein, einen neuen Versuch zu wagen. Allerdings, dies sei gleich vorneweg bemerkt, die für Alle gültigen Patentlösungen bzw. fertigen Antworten gibt es auch hier nicht. Jede/r muss sich im klaren darüber sein, dass er/sie seinen/ihren jeweils eigenen Weg finden soll, je nach den Umständen und der bisherigen Biographie. Die Erkenntnisse der Psychologen und Philosophen sollen für die Betroffenen nur Richtschnur dafür sein.

Zunächst möchte ich jetzt einen Zweig der Psychologie vorstellen, der in der Psychotherapie und Pädagogik eine bedeutende Rolle spielt, nämlich die Individualpsychologie (IP). Unter ihr versteht man kurzgefasst eine Lehre vom menschlichen Seelenleben, die die Persönlichkeit des Menschen als eine Ganzheit bzw. als unteilbare Einheit betrachtet und darauf ausgerichtet ist, dem Menschen, wenn er Hilfe braucht, therapeutisch und pädagogisch Optimismus, Ermutigung, Sinn- und Zielgebung sowie ein Gemeinschafts- bzw. Wir-Gefühl zu vermitteln.

Sie geht von einem Menschenbild aus, das besagt, dass der Mensch zeitlebens ein Mängelwesen ist, sich bewusst bzw. unterbewusst häufig minderwertig fühlt und immer darum kämpfen muss, diese Mängel auszugleichen, um von den Mitmenschen geliebt und akzeptiert zu werden. Gleichzeitig sei aber der Mensch auch ein geselliges Wesen, das der Anerkennung und Zuneigung durch die Mitmenschen bedarf, wenn sein Selbstwertgefühl nicht verletzt werden oder verkümmern soll.

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